Zur Kulturgeschichte des Ruhrgebietes: Gräfin Imma von Stiepel
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                  Die heilige Elisabeth von Thüringen im Naumburger Dom

 

    Im laufenden Jahr 2007 wird überall des 800. Geburtstages der heiligen Elisabeth gedacht. Geboren 1207 starb sie nur 24 jährig im Jahre 1231 und wurde bereits 1234 heiliggesprochen  nach Anhörung von mehr als 600 Zeugen. 100 Mirakel wurden ins Protokoll aufgenommen bevor Papst Gregor IX. sie in den Heiligenkanon aufnahm. Moritz von Schwind zeigt in sehr einfühlsamen Bildern – zu sehen auf der Wartburg in Thüringen – ihr legendengeschmücktes Leben. Sie gilt als die Caritas Heilige schlechthin und weist mit ihrem Namen für Krankenhäuser, Kirchen und Frauenvereine immer wieder auf die christliche Pflicht – insbesondere der Reichen – hin, sich für kranke und arme Mitmenschen hilfreich zu engagieren wie es auch ihr Vorbild und Zeitgenosse : der heilige Franziskus von Assisi  getan hatte.

 

Außer der Wartburg und anderer Burgen zeugen vor allem ihre Grabkirche im hessischen Marburg und der Dom zu Naumburg von ihrer Person.

In Naumburg steht in einer Elisabethkapelle die älteste  Elisabeth-Statue überhaupt von 1235, die in diesem Jahr wieder zugänglich gemacht werden soll.

Warum  in Naumburg ?

 

In den dreißiger Jahren des 13. Jahrhunderts scheint der Dombau durch Bischof Engelhard begonnen worden zu sein. Da er 1235 am Mainzer Hoftag teilgenommen hat, vermutet F. Möbius (1987) , daß er den Naumburger Skulpturen Meister des späteren Westchores –Beginn in den sechsziger Jahren-  bereits dort kennengelernt hat. Man darf auch nicht vergessen, daß der Bamberger Kaiser Heinrich Dom in den dreißiger Jahren ebenfalls neu überbaut und mit ähnlich herrlichen Figuren im Ostteil (Bamberger Reiter...) und an den Portalen ausgeschmückt wurde. Hier war verantwortlich : Bischof Egbert, ein Onkel der heiligen Elisabeth ! Dieser Onkel mußte ein großes Interesse daran haben, daß seine heilige Nichte dort besonders geehrt wurde, wo die für sie gemachten weltlichen Pläne – nämlich Gattin  des Stauferkaisers Friedrich II. zu werden – nicht aufgegangen waren : im ludowingischen Land. Ohne eine besondere Memoria des heiligen Paares Landgraf Ludwig und Elisabeth ist m.M. das Bildprogramm des Naumburger Westchores nicht gut denkbar ! Es ist mir ein Rätsel, wieso dies bisher so wenig bedacht wurde.

 

Nach 1235 änderte sich die herrscherliche Konstellation im Lande dergestalt, daß Thüringen und Meißen in eine Hand kamen, nämlich in die Heinrichs des Erlauchten. Er war der Sohn der Jutta von Thüringen und des Markgrafen Dietrich von Meißen (dem Bedrängten). In Heinrichs Hand kamen beide Herrschaften zusammen, denn die Ludowinger waren im Mannesstamme ausgestorben, die Tochter Jutta zur Alleinerbin erklärt. Sie war eine Enkelin der Judith , Schwester des Stauferkaisers Friedich Barbarossa. Sie war eine Schwester des Landgrafen Ludwig IV. und so Schwägerin der heiligen Elisabeth. Ihr Sohn Heinrich hat vermutlich sogar zusammen mit Elisabeth und Ludwig eine Kindheit auf der Wartburg verlebt. Gleichzeitig gelang es, den Halbbruder Heinrichs – Dietrich von Wettin – zum Naumburger Bischof zu machen. In dieser Situation haben die Brüder den Westchor in Auftrag gegeben !  Kann man da denn glauben, daß sie ihre heiligen Verwandten und natürlich auch ihre Eltern nicht in das Programm einbezogen hätten ? Sie, die im eigentlichen Sinne sowohl materiell als auch geistlich  die Stifter waren ? Dankbarkeit und Memoria gebürt ihnen zuerst !

 

Nun fällt es nicht mehr schwer, die fraglichen Personen auch zu erkennen. Elisabeth, das ist die „Regelindis“. Leider wurde ihr der Kopf verdreht. Eigentlich blickt sie parallel mit ihrem Ludwig („Hermann“) auf die Gegenseite zu dem dort stehenden imposanten Paar („Ekkehard und Uta“), Das folgende Bild zeigt sie mit (per Computer) zurückgedrehtem Kopf in ihrer ursprünglichen natürlichen Haltung.

 

Sie lacht fröhlich, denn Elisabeths Lebensmotto war: Laßt uns die Menschen froh machen ! Wir kennen es schon, so wird die „frohe Botschaft“ in Stein gemeißelt: In Bamberg steht der Frohe-Botschafts Engel und an der Adamspforte der lachende heilige Stephan (oder wer sonst ?); In Meißen ist es die heilige Kaiserin Adelheid, welche ihren nicht ganz ordentlichen Otto lachend anschaut.

 Weitere Merkmale von Elisabeths großer Würde sind der enorme Faltenreichtum ihres Gewandes, welches sie fest im Griff hat wie Adelheid und die mit Perlenkränzen geschmückte Krone.

 Neben ihr Graf Ludwig trägt Schwert und Schild seines weltlichen Standes, sein Gewand jedoch ist eher ein geistliches, vielleicht das Pilgerkleid des 27- jährigen Kreuzfahrers, der schon in Italien am Fieber starb.

 

Das Bildprogramm sagt also aus : Wir, die Gestalter und Erben haben ein heiliges Paar in der Familie! Und wir sind auch stolz auf die anderen Christuskämpfer.

 Auf Konrad, Ludwigs und Juttas geistlichen Bruder, den Erbauer der Marburger Elisabethkirche und Hochmeister des Deutschen Ordens,  auf  Gertrud, die Äbtissin von Altenburg, Elisabeths und Ludwigs geistliche Tochter, noch lebend während der Zeit des Dombaus. Hat man eigentlich ihre Nonnentracht und die Ähnlichkeit mit Ludwig nie bemerkt ? Hat man die Perlenkranzbrosche nicht gesehen,  die an Elisabeths Krone  denken läßt ?

Jutta und Dietrich stehen ganz vorne, Dietrich schaut hinüber zum Hochchor als Nachfahre der Geschichte, die dort hinten abgebildet ist.

Der Westchor wurde ja auf der Vorgängerkirche erbaut, die die Grablege der Ekkehardinger – der Meißner Markgrafen – war. Im Jahre 1028 baute sie Wilhelm fundator, vermutlich von Weimar. Der Meißner Ekkehard I. wäre fast zum Königtum aufgestiegen nach dem Aussterben der Ottonen, wäre er nicht durch ein Attentat ums Leben gekommen im Jahre 1002. Auch seiner wird gedacht durch eine Skulptur. Ekkehard und Svanhild Billung, die Sachsenherzogstochter,

hoheitsvoll mit einer Lilienkrone und die rechte Hand in Trauer und Enttäuschung  in ihr Gewand gewickelt. Elisabeth und Ludwig schauen versöhnlich hinüber zu dem Meißner Paar aus der Vergangenheit.

Im Hochchor sehe ich die Akteure der Tragödie :

Thietmar von Merseburg als Chronist, Sizzo als Attentäter nach Thietmar, Sohn Ekkehard II., dem das Königtum entging, alle immer noch im Streit. Werden sie im Jenseits zur Versöhnung finden ?

 Soll die Domstiftung die Menschen zum Nachdenken anspornen über das Verhältnis von Macht und Christentum ?

Ein Problem, welches die heilige Elisabeth auf ihre Weise gelöst hat.

Noch immer geben uns die Figuren im Naumburger Dom Rätsel auf. Sie haben die Zeiten überdauert  und beginnen wieder neu zu uns zu sprechen.